Welche Gefahren birgt das Anbinden des Hundes vor einem Geschäft?

Veröffentlich am 16. Dezember 2019 | Aktualisiert am 2. Oktober 2024 | Piroska Stechauner

„Nur schnell ins Lebensmittelgeschäft – da wird schon nichts passieren.“ Vielen HundehalterInnen ist es nicht bewusst, dass sie ihren Hund und fremde Menschen einer potenziellen Gefahr aussetzen. Dieser Artikel wirft einen Blick auf die Perspektive des Hundes und befasst sich mit der Frage nach den potenziellen Gefahren.

Inhalt

Ist die Anbindung eines Hundes vor einem Geschäft erlaubt?

Hinweis: Nachfolgender Text ist keine Rechtsberatung. Ich berufe mich auf das derzeit gültige Tierschutzgesetz. Die jeweilig aktuelle Fassung kann online unter dem Rechtsinformationssystem des Bundes eingesehen werden.

Das Tierschutzgesetz § 16 Absatz 5¹ beantwortet die Frage sehr eindeutig:

§ 16 (5) Hunde dürfen keinesfalls, auch nicht vorübergehend, an der Kette oder in sonst einem angebundenen Zustand gehalten werden. Jedenfalls nicht als Anbindehaltung gilt das Führen von Hunden an der Leine, das Anbinden im Rahmen von rechtskonformen Hundeausbildungsmaßnahmen, Katastropheneinsätzen oder Einsätzen als Dienst-, Assistenz-, Therapie-, Hüte- oder Herdenschutzhund sowie das kurzfristige Anbinden von mitgeführten Hunden vor Plätzen oder Gebäuden, die mit Hunden nicht betreten werden dürfen (RIS).

Betrachtet man die Fragestellung objektiv, dann lautet die Antwort: Nach derzeitigem Stand (01.10.2024) scheint es in Österreich erlaubt zu sein, einen Hund kurzfristig vor einem Geschäft anzubinden.

Das widerspricht zwar meiner Meinung nach in Einzelfällen dem § 16 Absatz 1, aber das ist nur meine persönliche Ansicht:

§ 16 (1) Die Bewegungsfreiheit eines Tieres darf nicht so eingeschränkt sein, dass dem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden oder es in schwere Angst versetzt wird (RIS).

Aus der Perspektive des Hundes

Der Mensch hindert, durch die Anbindung, den Hund daran ihm zu folgen. Der Hund weiß nicht, dass wir nur kurz 2 Semmeln kaufen möchten oder dass es doch länger dauert als geplant, weil noch 10 andere vor uns an der Kassa stehen.

Die Situation ist für den Hund weder vorhersehbar noch kontrollierbar

Wie fühlen wir Menschen uns, wenn wir uns in einer Situation befinden, die für uns weder vorhersehbar noch kontrollierbar ist? Furchtbar, nicht wahr? Genauso ergeht es unseren Hunden. So ist es nicht verwunderlich, dass das Anbinden vor einem Geschäft für einen Hund eine enorm aufregende Situation sein kann.

Eine Bedrohung kann real sein oder eine subjektive Empfindung

Gemeint ist damit, dass der Hund, basierend auf seinen bisherigen Erfahrungen und seiner aktuellen Situation, „entscheidet“ was er als Bedrohung empfindet – völlig unabhängig davon, ob wir Menschen die Situation als ungefährlich einstufen oder auch nicht. Vielleicht ist er im Alltag freundlich zu Kindern, da er dort die Möglichkeit hat wegzugehen. Empfindet fremde Kinder die in streicheln möchten jedoch in diesem Moment als Bedrohung, da er durch die Anbindung nicht ausweichen kann und ihm die Sicherheit durch seinen Menschen fehlt.

Wie Hunde auf potenzielle Bedrohungen reagieren können, wird in diesem Artikel näher erklärt.

Unabhängig von der potenziellen Gefahr die vom Hund für das Umfeld ausgeht, wird auch der Hund gefährdet. Nachfolgend eine Auswahl an Gründen warum davon abzuraten ist den Hund vor dem Geschäft anzubinden.

Potenzielle Gefahren für Hund und Mensch

Hund fühlt sich bedroht: Verletzungsgefahr für fremde Menschen.
Diebstahl des Hundes: Erhöhte Gefahr bei Welpen, jungen Hunden und Rassehunden.
Verlust des Hundes: Der Hund beißt die Leine durch und läuft davon.
Vergiftungsgefahr: Verabreichung von Nahrung mit der Absicht der Tötung des Hundes.
Unterkühlung im Winter: Bei längerem Aufenthalt und Minusgraden ohne Bewegung. Kann insbesondere bei kleinen und sehr jungen Hunden lebensgefährlich sein.
Hitzschlag/Austrocknung im Sommer: Längerer Aufenthalt in der Sonne bei Höchsttemperaturen. Kein Wasser. Kann ebenfalls lebensbedrohlich werden – vor allem für Welpen.
Förderung von Trennungsangst: Bei Hunden, die nicht Alleinbleiben können, kann das Anbinden vor einem Geschäft die Verlustangst verstärken.

Bitte den Hund, auch nicht nur kurz, vor einem  Geschäft anbinden

(Reale) Alltagsgeschichten, die ein gutes Ende fanden

Der Hund wollte nur kurz einkaufen gehen…

Ein Hund machte es sehr deutlich, dass er mit der Anbindung nicht einverstanden war. Er biss kurzerhand die Leine durch und machte sich im Lebensmittelgeschäft auf die Suche nach seinem Menschen. Die Halterin des Hundes kam noch mit einer „peinlichen Durchsage“ davon.

Der fast verdurstete Welpe

Ein Welpe wurde bei 35 Grad in praller Sonne an einem Fahrradständer fixiert, der sich auf einem Parkplatz mit mehreren Einkaufsmöglichkeiten befand. Ich nahm den Welpen und begab mich mit ihm in den Schatten, um mit ihm gemeinsam auf seinen Menschen zu warten, während eine freundliche Dame Wasser für den Kleinen holte.

Es dauerte knapp 30 (!) Minuten bis der Mensch endlich kam, um seinen Welpen abzuholen. Wir waren bereits kurz davor den Welpen in das TierQuartier zu bringen, da der Verdacht aufkam, dass er ausgesetzt wurde.

Quellangabe

Rechtsinformationssystem des Bundes, Tierschutzgesetz § 16, Fassung vom 13.04.2023 (Zugriff 01.10.2024). ↩︎

1 thought on “Welche Gefahren birgt das Anbinden des Hundes vor einem Geschäft?”

Paul Kersten sagt:

28. Februar 2021 um 15:11 Uhr

Vielen Dank für den hilfreichen Beitrag. Ich stimme Ihnen zu, so sollte man sein Tier nicht behandeln. Denn, wie Sie auch sagen, die Situation ist für den Hund weder vorhersehbar noch kontrollierbar. Ich selber habe einen kleinen Vierbeiner und versuche solche Situationen immer so gut wie möglich zu vermeiden. Eine Leine sollte meiner Meinung nach nicht für so etwas, sonder für schöne Spaziergänge und co genutzt werden. Letztere ist mir leider gerissen, weswegen ich nun auf der suche nach einem Händler in Graz, für eine neue Hundeleine, bin.

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